Es war ein wichtiger Schritt nach vorne. Endlich findet die breite Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger statt. Der Einstieg im Foyer des Reithauses war aber bereits wenig verheißungsvoll: ein Dutzend Stellwände zur Hochflurbahn und den Planungen hierfür, vier Stellwände zum Schnellbussystem direkt am Eingang zur Halle und lediglich eine verschämte Stellwand mit kleinformatigen Darstellungen der Niederflurvariante, die der Verkehrsclub Deutschland erstellt hat (VCD). Sieht so die ausgewogene, neutrale Information durch Landkreis und Stadt aus?
Landrat Dr. Haas legte seine Sicht der Dinge deutlich dar. Er machte zeitlichen Druck, damit Ludwigsburg vorne dabei ist bei den künftigen Projekten, die von Bund und Land gefördert werden. Hierfür bedarf es aber erst einmal einer Nachfolgeregelung zum Finanzierungsinstrument des Bundes, das nach derzeitigem Stand 2019 ausläuft. ´Es ist gut, keine Zeit zu verschenken. Es ist aber genauso wichtig, alle Aspekte ausreichend zu untersuchen. Dabei kam die Niederflurvariante eindeutig zu kurz. Denn die Förderwürdigkeit - also die Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung aller volkswirtschaftlichen Aspekte - ist bei ihr sogar leicht höher als bei der Hochflurvariante. Sie ist aber viel stadtverträglicher und bringt einen erheblich größeren Nutzen für Ludwigsburg. So werden bei ihr von den Experten täglich rund 12.000 zusätzliche Fahrten im ÖPNV vorausgesagt.
Für viele Ludwigsburger ist nicht vorstellbar, dass die "große Hochflurvariante" durch die Innenstadt fährt. Daher wird von der Kreisverwaltung nur noch die "kleine Hochflurvariante" weiterverfolgt, also eine durchgängige Verbindung von Aldingen über Pattonville, den Ludwigsburger Bahnhof nach Möglingen und Markgröningen. Das ist auch attraktiv, bringt aber für Ludwigsburg nicht die gewünschte verkehrliche Wirkung. Es ist also für weite Teile der Ludwigsburger Bevölkerung keine deutliche Verbesserung des ÖPNVs oder eine Alternative zum Auto. Mit dieser Linie können aber immerhin auch 8.000 zusätzliche Fahrten erreicht werden. Der Nutzen liegt dabei vor allem außerhalb von Ludwigsburg, während die Probleme am Bahnhof hier in Ludwigsburg gelöst werden müssen.
Die Grünen im Ludwigsburger Gemeinderat sehen große Vorteile einer Stadtbahn für Ludwigsburg. Sie ist ein schnelles und attraktives Verkehrsmittel und zieht viele Fahrgäste an. Ein Schnellbussystem ist zwar auch eine Verbesserung gegenüber dem heutigen Zustand, kann jedoch selbst dann nicht an die Stadtbahn heranreichen, wenn konsequent eigene Fahrspuren eingerichtet werden. Nach den bisherigen Diskussionen im Gemeinderat um Busspuren und Bushaltestellen, kann hiervon nicht ausgegangen werden. Sonst hätten wir schon längst einen beschleunigten Busverkehr in Ludwigsburg. Die bei einem Schnellbussystem notwendigen großen Betonpisten sind aber in jedem Fall ein eindeutiger Nachteil gegenüber begrünten Stadtbahngleisen.
Die Grünen bedauern, dass bei der Veranstaltung insbesondere die Nachteile einer Niederflur-Stadtbahn hervorgehoben wurden. Es wäre eine Insellösung, für die erst Betreiber und Organisationsstruktur gefunden werden müssten. - Das hat aber in Mulhouse, Nachbarstadt unserer Partnerstadt Monbéliard in Frankreich, sehr gut funktioniert. Hier gibt es ein sehr ähnliches Netz mit rund 16 km Länge. - Es müsste ein eigener Betriebshof errichtet werden, es fehlt die Möglichkeit, das Netz schrittweise auszubauen, und es könnte nicht vom Bestandsnetz der Stuttgarter Straßenbahnen profitiert werden. Dementsprechend wurde Herrn Arnold von der Stuttgarter Straßenbahn AG ein sehr großer Raum für seinen "Werbeblock" eingeräumt. Keine Rede von den städtebaulichen Auswirkungen durch die hohen Haltestellen, durch den großen Radius der Hochflurbahnen, durch die aufwändigen Bauten, die hierdurch notwendig werden, wie z.B. ein zusätzlicher Tunnel am Schillerdurchlass. Dies holte dann allerdings Baubürgermeister Ilk nach. Er betonte, dass die Niederflurvariante auch im barocken Zentrum von Ludwigsburg gut vorstellbar ist.
Die Vorteile der Niederflurbahn wurden bei der Veranstaltung allenfalls am Rande angesprochen: Barrierefreiheit leicht erreichbar, Haltestellen auch von Bussen nutzbar (So funktioniert auch der Zentrale Omnibusbahnhof in Ludwigsburg mit der Niederflurbahn ohne Probleme), geringe Radien, günstige und bewährte Standardfahrzeuge, einfache Erweiterung des Liniennetzes in der Zukunft (nach Freiberg, nach Asperg, nach Tamm usw.). Bilder von Niederflurbahnen gab es in den Präsentationen erst gar nicht zu sehen. Moderne Technik ermöglicht es auch bei Straßenbahnen, auf Oberleitungen zu verzichten.
Für die Grünen im Ludwigsburger Gemeinderat bleiben weiterhin viele Fragen unbeantwortet: Wann findet ein fairer und transparenter Vergleich der drei Varianten statt? Wann wird der unterschiedliche Nutzen der Varianten dargestellt? Wann werden alle Vor- und Nachteile so aufbereitet, dass die Entscheidungsträger auch eine wirkliche Entscheidung über die Varianten treffen können? Investitions- und Folgekosten sind ein Thema, Einsparungen im Bussystem ein weiteres. Für die Grünen fehlt in der Diskussion aber insbesondere ein Vergleich des Nutzens bei den Varianten. Dieser Vergleich muss städtbauliche und verkehrliche Aspekte ausreichend genau betrachten.
Die Gemeinderäte der Grünen fassen zusammen: "Wir halten die Niederflurstadtbahn nach derzeitigem Stand für die beste Variante für Ludwigsburg. Endgültige Aussagen sind aber erst möglich, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen. Dann sind wir bereit zu einer schnellen Entscheidung. Es ist gut, wenn wir bei der künftigen Bundesförderung zu den ersten Vorhaben gehören, also vorne dabei sind, sobald eine Nachfolgeregelung bei der Bundesförderung beschlossen wird. Die Stadtverwaltung muss nun gemeinsam mit dem Kreis eine faire Entscheidung zügig vorbereiten. Oberbürgermeister Spec hatte die Entscheidung in den Gremien für den Herbst angekündigt. Die Informationsveranstaltung war zu einseitig." - Zu der Alternative Hochflurbahn sagen die Grünen: "Zwar bringt die Hochflurvariante Vorteile einer Stadtbahn ebenso nach Ludwigsburg und kurzfristige Aspekte sprechen für diese Variante: Die SSB steht als starker Partner zur Seite und es kann schnell gehen. Langfristig müsste die Stadt mit den Einschränkungen dieses Systems leben und die Konsequenzen für die Zukunft mittragen. Bei künftigen Erweiterungen werden "die Gelben" durch die Innenstadt fahren."