Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
wir Grüne haben den Verwaltungsvorschlag unterstützt, eine Prioritätenliste aufzustellen, um flexibel auf die Haushaltsrisiken durch die Finanz- und Wirtschaftskrise im nächsten Jahr reagieren zu können. Wir haben gemeinsam Projekte identifiziert, die zumindest von nicht wenigen anderen Kommunen in Deutschland als „Luxus“ bezeichnet würden. Viele der Haushaltsanträge über die Fraktionen hinweg haben darauf hingedeutet, dass es bei den diesjährigen Haushaltsplanberatungen einige Gemeinsamkeiten gab: beim Baukindergeld, auch wenn wir es weiterhin lieber einkommensabhängig zahlen würden, bei den energetischen Sanierungen oder bei geringeren Ausgaben für Straßengroßprojekte im Rahmen der Gesamtverkehrsplanung. Hier hatten wir bereits zu den letzten Haushaltsplanberatungen mit der Vorlagennummer 602/07 den Antrag gestellt, über die Kosten der Verkehrsplanungen zu informieren. Dieser Antrag wurde bisher noch nicht behandelt. Wir erwarten, dass dies bei den Beratungen im Januar nachgeholt wird. Um die begonnene Aufzählung der Gemeinsamkeiten fortzusetzen: Bei der Alleensanierung besteht weitgehende Einigkeit. Auch unterstützen wir allesamt den Schwerpunkt des Haushaltsplanes und der mittelfristigen Finanzplanung bei „Bildung und Betreuung“. Das ist unsere Pflichtaufgabe und – man kann es nicht oft genug sagen – hier liegt unsere Zukunft. Die Schulsanierungen sind überfällig. Das Vorziehen der Maßnahmen beim Goethe-Gymnasium ist konsequent. Dass beim Bildungszentrum West Handlungsbedarf besteht, ist ebenfalls seit längerem offensichtlich. Auch hier wollen wir investieren. Angesichts der unsicheren Finanzlage und den noch nicht absehbaren weiteren Entwicklungen haben wir darauf verzichtet, uns wichtige Anträge wie zum Beispiel ein beitragsfreies drittes Kindergartenjahr erneut zu stellen. Die Haushaltsplanberatungen hätten in diesem Jahr durchaus harmonisch verlaufen können.
Stattdessen hat die Mehrheit im Rat die Prioritätenliste in eine Streichliste verwandelt. Es hatte sich bei den Haushaltsreden schon angekündigt. Es ist beeindruckend, wie flexibel die Kämmerei hierauf reagiert hat. Daher möchte ich Ihnen, Herr Kiedaisch, und Ihrem Team an dieser Stelle für die ständig aktuelle Überarbeitung der Listen ausdrücklich danken.
Was aber die Sache angeht: Der nun vorgesehene Umgang der Ratsmehrheit mit der ursprünglichen Prioritätenliste ist inkonsequent und wir werden dies so nicht mittragen. Daher werden wir den Haushaltsplan ablehnen. Zwei wesentliche Punkte sind es, die uns hierzu veranlassen:
Erstens müssen einige notwendige Investitionsprojekte, wie zum Beispiel Dach- und Straßensanierungen – ich nenne nur die Lindenstraße, gestoppt oder zumindest weit verschoben werden und Vereine auf Zuschüsse verzichten, während so ein unsinniges, zusätzliches Straßenprojekt wie die Strombergstraße aus der sogenannten Verkehrsinfrastrukturrücklage finanziert wird. Dabei bringt eine ausgebaute Strombergstraße Eglosheim mehr statt weniger Verkehr. Durch einen weiteren Ausbau der Infrastruktur steigen zukünftig die Kosten für den Unterhalt. Dabei beklagen Sie selbst regelmäßig den hohen Sanierungsbedarf bei den Straßen im Bestand. Wir wollen uns vorrangig um den Erhalt und den Umbau unserer Infrastruktur kümmern. Wir dürfen es nicht wieder zu einem Investitionsstau wie bei den Schulgebäuden kommen lassen. Nachhaltige Kommunalpolitik sieht anders aus. Gleichzeitig sind wir der Meinung, dass der Erlös aus den Neckarwerke-Aktien für den Kauf des Stromnetzes in Ludwigsburg zur Verfügung stehen soll. Für diese kommunal verantwortete Energiepolitik setzen wir uns weiter ein. Statt aber sinnvolle Investitionen voranzutreiben, nehmen Sie nun auch noch 5 % der Mittel, die gerade für die Schulinvestitionen und für laufende Investitionsprogramme wie Radwege und Spielplätze vorgesehen sind, zur Sperrung in die Prioritätenliste auf. Wie sollen denn guten Gewissens bei den Schulsanierungen 5 % der Ausgaben eingespart werden, wenn wir schon die ganze Zeit gegen Kostensteigerungen ankämpfen und bei anderen Projekten wie der Multifunktionshalle sogar noch etwas drauflegen sollen.
Der zweite Grund, warum wir die Umwandlung der Prioritätenliste in eine Streichliste nicht mittragen, ist, dass bei Bund und Land umfangreiche Konjunkturpakete diskutiert werden. Es ist einhellige Meinung der Wirtschaftsexperten, dass die Konjunktur in der derzeitigen schwierigen Lage von der öffentlichen Hand gestützt werden muss. Beim zweiten Konjunkturpaket der Bundesregierung können sich sogar die Kommunen Hoffnung machen. Und auch das Land hat erkannt, dass es die Kommunen mit den Kosten für die Betreuung der Unterdreijährigen nicht im Regen stehen lassen kann. Wahrscheinlich werden wir Gelder für Investitionen in „Bildung und Betreuung“ erhalten. Der erste Entwurf des Landesprogramms liegt auf dem Tisch. Wir werden Gelder auch gebrauchen können, beispielsweise für einen zukunftsfähigen Schulstandort in Neckarweihingen und – wie oben bereits erwähnt – für die nächste große Schulsanierung am Bildungszentrum West. Gut so, wenn öffentliche Gelder hier in sinnvolle Maßnahmen fließen. Es war schon lange nicht mehr einzusehen, weshalb wir über Umlagen Projekte wie die neue Messe auf den Fildern oder Stuttgart 21 mitfinanzieren, um im gleichen Zug die eigenen Schulen kurz zu halten. – Sie aber haben in den zurückliegenden Jahren, als die Haushaltslage besser war, Rücklagen „vervespert“, insbesondere für die Multifunktionshalle, wo wir immer auf ein stärkeres Engagement der Wirtschaft gedrängt haben. Und Sie, Herr Spec, haben damals zugesagt, dass darunter kein anderes Projekt leiden werde. Nun aber fehlen die Gelder. CDU, Freie Wähler und SPD müssen den zweiten Schritt mitgehen und wissen, dass sie sich den Handlungsspielraum selbst genommen haben. Eine antizyklische Haushaltsführung bleibt der richtige Weg und ist über den Konjunkturzyklus hinweg haushaltsneutral. Denn keiner will Investitionen „auf Pump“. Wir hätten – wie der kleine Mann – in guten Zeiten für die schlechten Zeiten vorsorgen wollen. Für uns gilt das Motto: „Bildet Euren Kindern keine Schulden, ihr schuldet Ihnen Bildung!“
Es bleibt zu hoffen, dass sich die Auswirkungen der Finanzkrise für Ludwigsburg nicht nur negativ äußern werden. „Das Bausparen erlebt derzeit eine Renaissance“, hat der Vorstandvorsitzende der Wüstenrot Bausparkasse vorgestern in der F.A.Z. gesagt. Die schwäbische Tugend, das Geld in die eigene Immobilie zu investieren, statt es zu verspekulieren, ist wieder „in“. Wir wollen und können aber nicht solange warten, bis Steuergelder wieder reichlicher fließen. Wir brauchen jetzt Investitionen sinnvoller Weise in die Schul- und Bildungseinrichtungen, in nachhaltige Mobilität – also in Radwege und den Umweltverbund – und für eine ökologische Modernisierung in unserer Stadt. Damit helfen wir dann auch der Wirtschaft!
Ich wünsche uns allen gesegnete Weihnachten, ein paar ruhige Ferientage und einen guten Start ins neue Jahr und danke für die Aufmerksamkeit!