Gemeinderat 29.03.2023, TOP LEA Schanzacker Bündnis 90 / Die Grünen, Redebeitrag Andrea Molkenthin-Kessler
2020 hat sich der Ludwigsburger Gemeinderat mit seinem Beitritt zum Städtebündnis „Sichere Häfen“ dazu bekannt, Menschen in Not aufzunehmen. Tatsächlich haben die Stadt und ihre Zivilgesellschaft gemeinsam in den letzten Jahren großen Einsatz geleistet, um die Unterbringung und das Ankommen von Geflüchteten so menschlich wie möglich zu gestalten.
Nun steht die Frage im Raum, ob durch die Einrichtung einer Landes-Erstaufnahme-Anstalt Raum für weitere Geflüchtete Menschen in Ludwigsburg geschaffen werden kann und soll. Das Thema Sicherheit wird dabei wieder viel diskutiert. Dieses Mal scheint allerdings die Sicherheit der Geflüchteten nicht im Vordergrund zu stehen - der Menschen, die ihre Sicherheit in ihren Heimatländern bedroht sahen und die sie auf ihrer oft lebensgefährlichen Flucht auf ́s Spiel gesetzt haben. Stattdessen schreibt die LKZ am 28.3. von der abnehmenden Sicherheit in Städten mit Erstaufnahmeeinrichtungen. Allein in den ersten Monaten dieses Jahres sind bereits mindestens 383 Menschen auf ihrer Flucht über das Mittelmeer ertrunken. Wir als Grüne Fraktion wollen, dass Ludwigsburg ein sicherer Hafen bleibt!
Es hilft niemandem, die Augen davor zu verschließen, dass Menschen auch in den nächsten Jahren vor Krieg, Armut, Terror, Dürre oder anderen Katastrophen fliehen werden. Dass die Schaffung von Wohnraum für Geflüchtete eine Daueraufgabe für uns ist und bleiben wird, kann nicht wegdiskutiert werden.
Wir brauchen und wir wollen Anlaufstellen und Unterkünfte für Geflüchtete.
Wir alle stehen - auch international - in der Verantwortung, die Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, aufzunehmen und zu klären, welche Bleibeperspektive sie haben. Daher ist es richtig eine Landeserstaufnahme zu prüfen.
Richtig ist aber auch, dass bei einem so wichtigen Thema nicht die schnellste und auf den ersten Blick einfachste Lösung gewählt werden darf. Um allen Beteiligten und Aspekten gerecht zu werden, müssen alle möglichen Standortalternativen ergebnisoffen und sorgfältig geprüft werden.
Die Umnutzung bestehender Gebäude und der Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ müssen hier in ganz besonderer Weise gewichtet werden. Es geht dabei nicht nur um die Vermeidung zusätzlicher Bodenversiegelung. Es geht auch – und vor allem – darum, die Geflüchteten dort unterzubringen, wo bereits gute Anschlussmöglichkeiten und Infrastruktur bestehen.
Wir fordern daher, dass Stadtverwaltung und Landkreis gemeinsam mit dem Land ernsthaft und gründlich alle möglichen leerstehenden Flächen und Gebäude in der Stadt prüfen. Das wird aus unserer Sicht derzeit nicht ausreichend getan.
Den Standort Schanzacker halten wir Grünen im Ludwigsburger Gemeinderat für äußerst ungeeignet aufgrund der dort fehlenden Erschließung und weiteren Infrastruktur. Wir fragen uns auch, welche Perspektive die landwirtschaftlichen Pächter haben, über deren Köpfe hinweg hier entschieden wird.
Jedoch verwehren wir uns einer St. Florians-Politik, nach dem Motto „LEA ja, aber bitte woanders“.
Sollte die Prüfung schlussendlich und transparent nachvollziehbar auf keinen anderen Standort als das Gebiet Schanzacker kommen, wäre das äußerst bedauerlich. Der Schanzacker ist für uns die allerletzte Option, wenn alles andere zuvor ernsthaft geprüft und sich als noch ungeeigneter erwiesen hat.
Für diesen Fall erwarten wir, dass die die Gebäude der LEA rückbaubar errichtet werden, zum Beispiel als temporäre Holzmodulbauten. Auf dem Gebiet Schanzacker darf keine dauerhafte Bebauung und in deren Folge ein mögliches Gewerbegebiet zementiert werden.
Die Errichtung einer LEA darf nicht einseitig zum Nutzen einer Kommune und zu Lasten anderer Kommunen geschehen. Es muss daher zwischen den beteiligten und betroffenen Kommunen Ludwigsburg, Tamm und Asperg eine gerechte Nutzen- und Lastenverteilung geben.
Eines kann jedenfalls nicht angehen: Dass durch die Hintertür LEA ein interkommunales Gewerbegebiet verwirklicht werden soll. Wir Grüne im Ludwigsburger Gemeinderat akzeptieren kein Gewerbegebiet durch ein trojanisches LEA-Pferd.
Auch 2023 und in Zukunft sehen wir Ludwigsburg in der Verantwortung, ein sicherer Hafen zu sein.